Herr Wagner und die Blogwelt
Richard Wagner pöbelt in der FAS verbal brutal gegen die Blogszene. Sind wir alle „arbeitsweltlich Asoziale, mit denen draußen keiner spielen wollte“?
Zu dieser Verbalattacke holt Wagner jedenfalls in der Sonntagszeitung der FAZ aus und legt sogleich noch nach: „Zum Glück werden von den Abermillionen Blogs kaum welche gelesen. Womit? Mit Recht.“ Portale oder Blogs erreichten schnell die „pathologischen Tiefebenen des Sektierischen, so Wagner weiter.
Warum dieser Schweremut, Herr Wagner? Liegt´s an Ihrem Namen?
So schwermütig wie Wagners Musik, so düster durchdrang in schwer beleidigtem Moll-Ton jedenfalls das Klagen Wagners die Sonntagsstimmung.
Nun mag man das hinnehmen, denn das Wehklagen ist immerhin der Seite „Meinung“ zu entnehmen. Aber die journalistische Unprofessionalität, mit der Wagner seinem Unmut Luft verschafft, ist dann doch ungewöhnlich und spricht für tiefes Verletztsein in der Sache.
Für alle, die den Artikel nicht gelesen haben: Herr Wagner stellt mal eben die Behauptung auf, Blogger seien halt Laien, die es nicht bis zur journalistischen Festanstellung geschafft hätten und jetzt ihre Selbstverliebtheit auf andere Weise äußerten. Unprofessionell ist der Artikel schon deshalb, weil er das Für und Wider (wie in Kommentaren eigentlich üblich) nicht gegeneinander abwägt. Stattdessen wird mit Worten geholzt.
Und Herr Wagner scheint sich nicht intensiv mit den so viel gescholtenen Blogs und mit ihrer Entstehungsgeschichte auseinandergesetzt zu haben.
Blogs sind in den 90igern gestartet als „Logbücher“ des Lebens, also als öffentliche Tagebücher. Ihren Ursprung haben sie in den USA, wo Blogs zum Beispiel anfangs auch dazu genutzt wurden, Damenzirkeln Häkelmuster zugänglich zu machen – so eine Legende.
Wer sich diesen Ursprung vor Augen führt, dürfte schnell Wagners Kritik relativiert sehen. Ohne Frage toben in Blogs viele Autoren ihre Neurosen und ihren Geltungsdrang aus. Und leider ist die Blog-Evolution in Deutschland noch nicht sonderlich vorangeschritten, was vielleicht Wagners Trübsinn erklärt.
In den USA sieht es ganz anders aus. Dort gehört ein Blog fast schon zur Online-Grundausstattung dazu wie ein Email-Account. Will man wissen, was bei seinem Freund so los ist, schaut man in dessen Blog. Man kann es direkt kommentieren, der Rück-Link führt zum eigenen Blog. So nimmt man selbst in stressigen Zeiten Teil am Leben der Anderen.
Die Verletztheit Wagners mag sich vielleicht erklären aus dem Umstand, dass (ebenfalls insbesondere in den USA) Blogs immer mehr zu Konkurrenzmedien mutieren, in denen über das Zeitgeschehen durch sich vor Ort befindliche Blogger berichtet und kommentiert wird. Die technischen Mittel sind oft rudimentär. Die Geschwindigkeit der Veröffentlichung ist dafür aber wesentlich höher, als bei konventionellen Medien.
Sollte man deshalb aber Blogs verteufeln und die Blog-Szene so bepöbeln, wie es Wagner getan hat?
Letztlich ist es eine Frage der Positionierung. Wie man eine Online-Community gut einbinden kann, dafür ist zum Beispiel Opinio sicher ein gelungenes Beispiel. Qualitätsdebatten wurden auch hier hinreichend geführt. Aber es scheint immer noch ein hinreichendes Maß an Qualität vorhanden zu sein, sonst würde das „Produkt“ dem Volke nicht schmecken, würden sich an dieser Plattform nicht so viele Autoren beteiligen und kommentieren (was beweist, dass die betreffenden Artikel gelesen werden).
Und in Richtung der Zeitungsmacher könnte die Blogszene ja auch zurückpöbeln. Wer hat sich nicht schon einmal darüber geärgert, mehr als einen Euro für seine Tageszeitung am Kiosk zu bezahlen, um sie dann in einer Viertelstunde durchblättern zu können, weil sie wieder mal nur ein Sammelsurium von Agenturmeldungen enthält. Agenturmeldungen, die man selbst einen Tag zuvor bereits aus dem Netz aufgepickt hatte.
Des medialen Streits Lösung: Leben und leben lassen! Wer nicht den Geschmack seiner Leser trifft, wird irgendwann aufhören zu schreiben. Sei es, weil der Verleger das Blatt für Bankrott erklärt oder der Blogger sich nicht hinreichend gewürdigt fühlt und die Tastatur beleidigt beiseite schiebt. Oder er schreibt für sich weiter, wie es viele Menschen schon seit Urzeiten mit ihren Tagebüchern gemacht haben (um die Erinnerung für sich selbst wach zu halten).
Deshalb: Immer schön Blogger bleiben!
Herrn Wagner von der FAZ wünsche ich für den kommenden Sonntag etwas weniger Schwermut. Wer sich an Bloggern abarbeitet, wird eh´ kein Ende finden.
Zu dieser Verbalattacke holt Wagner jedenfalls in der Sonntagszeitung der FAZ aus und legt sogleich noch nach: „Zum Glück werden von den Abermillionen Blogs kaum welche gelesen. Womit? Mit Recht.“ Portale oder Blogs erreichten schnell die „pathologischen Tiefebenen des Sektierischen, so Wagner weiter.
Warum dieser Schweremut, Herr Wagner? Liegt´s an Ihrem Namen?
So schwermütig wie Wagners Musik, so düster durchdrang in schwer beleidigtem Moll-Ton jedenfalls das Klagen Wagners die Sonntagsstimmung.
Nun mag man das hinnehmen, denn das Wehklagen ist immerhin der Seite „Meinung“ zu entnehmen. Aber die journalistische Unprofessionalität, mit der Wagner seinem Unmut Luft verschafft, ist dann doch ungewöhnlich und spricht für tiefes Verletztsein in der Sache.
Für alle, die den Artikel nicht gelesen haben: Herr Wagner stellt mal eben die Behauptung auf, Blogger seien halt Laien, die es nicht bis zur journalistischen Festanstellung geschafft hätten und jetzt ihre Selbstverliebtheit auf andere Weise äußerten. Unprofessionell ist der Artikel schon deshalb, weil er das Für und Wider (wie in Kommentaren eigentlich üblich) nicht gegeneinander abwägt. Stattdessen wird mit Worten geholzt.
Und Herr Wagner scheint sich nicht intensiv mit den so viel gescholtenen Blogs und mit ihrer Entstehungsgeschichte auseinandergesetzt zu haben.
Blogs sind in den 90igern gestartet als „Logbücher“ des Lebens, also als öffentliche Tagebücher. Ihren Ursprung haben sie in den USA, wo Blogs zum Beispiel anfangs auch dazu genutzt wurden, Damenzirkeln Häkelmuster zugänglich zu machen – so eine Legende.
Wer sich diesen Ursprung vor Augen führt, dürfte schnell Wagners Kritik relativiert sehen. Ohne Frage toben in Blogs viele Autoren ihre Neurosen und ihren Geltungsdrang aus. Und leider ist die Blog-Evolution in Deutschland noch nicht sonderlich vorangeschritten, was vielleicht Wagners Trübsinn erklärt.
In den USA sieht es ganz anders aus. Dort gehört ein Blog fast schon zur Online-Grundausstattung dazu wie ein Email-Account. Will man wissen, was bei seinem Freund so los ist, schaut man in dessen Blog. Man kann es direkt kommentieren, der Rück-Link führt zum eigenen Blog. So nimmt man selbst in stressigen Zeiten Teil am Leben der Anderen.
Die Verletztheit Wagners mag sich vielleicht erklären aus dem Umstand, dass (ebenfalls insbesondere in den USA) Blogs immer mehr zu Konkurrenzmedien mutieren, in denen über das Zeitgeschehen durch sich vor Ort befindliche Blogger berichtet und kommentiert wird. Die technischen Mittel sind oft rudimentär. Die Geschwindigkeit der Veröffentlichung ist dafür aber wesentlich höher, als bei konventionellen Medien.
Sollte man deshalb aber Blogs verteufeln und die Blog-Szene so bepöbeln, wie es Wagner getan hat?
Letztlich ist es eine Frage der Positionierung. Wie man eine Online-Community gut einbinden kann, dafür ist zum Beispiel Opinio sicher ein gelungenes Beispiel. Qualitätsdebatten wurden auch hier hinreichend geführt. Aber es scheint immer noch ein hinreichendes Maß an Qualität vorhanden zu sein, sonst würde das „Produkt“ dem Volke nicht schmecken, würden sich an dieser Plattform nicht so viele Autoren beteiligen und kommentieren (was beweist, dass die betreffenden Artikel gelesen werden).
Und in Richtung der Zeitungsmacher könnte die Blogszene ja auch zurückpöbeln. Wer hat sich nicht schon einmal darüber geärgert, mehr als einen Euro für seine Tageszeitung am Kiosk zu bezahlen, um sie dann in einer Viertelstunde durchblättern zu können, weil sie wieder mal nur ein Sammelsurium von Agenturmeldungen enthält. Agenturmeldungen, die man selbst einen Tag zuvor bereits aus dem Netz aufgepickt hatte.
Des medialen Streits Lösung: Leben und leben lassen! Wer nicht den Geschmack seiner Leser trifft, wird irgendwann aufhören zu schreiben. Sei es, weil der Verleger das Blatt für Bankrott erklärt oder der Blogger sich nicht hinreichend gewürdigt fühlt und die Tastatur beleidigt beiseite schiebt. Oder er schreibt für sich weiter, wie es viele Menschen schon seit Urzeiten mit ihren Tagebüchern gemacht haben (um die Erinnerung für sich selbst wach zu halten).
Deshalb: Immer schön Blogger bleiben!
Herrn Wagner von der FAZ wünsche ich für den kommenden Sonntag etwas weniger Schwermut. Wer sich an Bloggern abarbeitet, wird eh´ kein Ende finden.
dmkoch - 5. Nov, 10:14