(in der Mittagspause aufgewärmte Gedanken von gestern – siehe letzten Beitrag)
Es ist seit jeher eine
der Herausforderungen der Menschheit, ein wenig an der Zeitachse zu manipulieren. Diesem Traum scheint die Unterhaltungselektronik und in der Folge die vereinte Konsumentenmeute ein Stück näher gerückt zu sein, mit der Einführung der Taste „TIME SHIFT“.
Doch, alles der Reihe nach. Wie verläuft der Sendeabend bislang? Ein jeder Krimi beginnt um 20:15 Uhr. So sieht es das unverrückbare Sendeschema der gemeinen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vor. Doch ebenso gemein nehmen sich die Marotten von dreijährigen maskulinen Zeitgenossen aus, die pünktlich um 20:15 Uhr anfangen zu schreien, weil sie partout nicht schlafen wollen. Heisst konkret: Der Krimi läuft und läuft...und läuft todsicher an einem vorbei!
Es boten sich im Wesentlichen drei Lösungswege an:
a) Leben und schreien lassen (und langsam aber sicher TATORT-Mordmotive am eigenen Leib nachvollziehbar und lüstern emporsteigen zu fühlen)
b) Kurze Schocktherapie für den Nachwuchs mit einem schnellen Wechselspiel aus Beruhigungs- und Bedrohungsszenarien
c) Aktivierung des guten alten VHS-Rekorders
Möglichkeit a) war schon allein auf Grund der in Klammern aufgeführten Problematik nicht ernsthaft in Erwägung zu ziehen. b) kam schon eher in Betracht, mündete aber stets viel zu spät (so gegen 20:35 Uhr) nicht nur in der ersehnten Ruhe, sondern leider zugleich mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer nicht enden wollenden Diskussion mit dem zweiten Erziehungsberichtigten über die langfristigen Auswirkungen der vorstehend beschriebenen Schockwellen auf einen heranwachsenden maskulinen Zeitgenossen als Ergebnis des schnellen Durchlaufs verschiedener Beruhigungs- und Bedrohungsszenarien.
Den meisten Realitätssinn bot demnach Variante c). Diese hatte nur einen kleinen Haken. Wenn man so gegen 20:35 Uhr endlich ins Sofa versank, trat eine fast schon unheimliche Leere in den Abend. Das Blaulicht durchzuckte schon längst die TV-Kulisse, aus dem Schlaf gerissene Kommissare waren bereits an den Tatort geeilt, Flatterband durchzog nicht nur als Sperre zur Leiche den Bildschirm, sondern auch zum Inhalt des Krimis. Was also tun bis 21:45 Uhr, bis zum Ende des Films und der Neustart-Option für den Video-Rekorder? Ein Gespräch mit der eigenen Ehefrau anfangen? Mit dem Ergebnis, am Ende noch zu Rosamunde Pilcher herüberzappen zu müssen, weil in „Herz-Schmerz“ komme man ja schliesslich immer ´rein? Nicht wirklich Alternativen.
An dieser Stelle kommt nun die eingangs erwähnte „TIME SHIFT“-Taste ins Spiel. Mit ihr kann man, wenn und wann man will bereits während das Gerät noch aufzeichnet, die Zeit wieder auf 0 bzw. 20:15 Uhr zurückdrehen und zugleich mit der Wiedergabe von Anfang an beginnen.
Eines ändert sich übrigens nicht: Auf der Couch einschlafen tut man noch immer, in Echtzeit wie eh´ und je so gegen 21:05 Uhr.
Und der Unterhaltungselektronik-Industrie bleibt darüber hinaus noch weiteres Verfeinerungspotenzial. So lässt sich der Film zwar nach dem Start der Wiedergabe vorspulen, nur leider nicht an der Gegenwart (dem realen Wiedergabezeitpunkt der Sendeanstalt) vorbei bis zu den nächsten Tagesthemen mit den – na klar - Lottozahlen...!!!
Wir warten also auf die Lösung, sehr geehrte Damen und Herren Ingenieure. Und unsere Geduld sinkt von Tag zu Tag, mit denen unsere Rentenansprüche geringer werden. Retten Sie unser Alter. Let us forward to the future!
Link zum Thema:
http://en.wikipedia.org/wiki/Time_shifting
dmkoch - 18. Jan, 15:22